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Off-Label-Use-Regelung: Sinnvoll aber zweckentfremdet

Die Grundidee der Art. 71a–71d KVV ist sinnvoll: Bei schwerer Krankheit dürfen Medikamente vergütet werden, die eigentlich gar nicht zugelassen sind. Diese Ausnahmen sollen möglich sein – dürfen aber nicht zur Regel werden.

Falk Schimmann, ist Leiter der Abteilung Leistungs- & Fallsteuerung der CSS Versicherung.

4. Oktober 2019

Die Idee der Art. 71a–71d der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) ist so einleuchtend wie bestechend. Der Gesetzgeber schuf damit die Möglichkeit, in begründeten Ausnahmen Medikamente zu Lasten der OKP zu vergüten, obwohl sie anders als in der Spezialitätenliste (SL) des BAG vorgesehen eingesetzt werden oder in der Schweiz nicht zugelassen sind. So erhalten Patientinnen und Patienten in gewissen Einzelfällen auch nicht gelistete Medikamente, wenn es um schwere Krankheiten geht, die Invalidität oder gar Tod zur Folge haben können. Allerdings werden die besagten Artikel immer mehr zweckentfremdet. Die über die Art. 71a–71d KVV vergüteten Fälle haben sich vervielfacht. Ein Umstand, der rational gesehen nicht begründet werden kann, haben wir doch weder einen massiven Bevölkerungszuwachs noch eine generelle Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Gesellschaft zu verzeichnen.

Die Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall

Ein Grund für den massiven Anstieg liegt wohl unter anderem darin, dass die Vergütung von Medikamenten über die Art. 71a–71d KVV für Pharmafirmen überaus attraktiv ist. Sie können sich das aufwendige SL-Aufnahmeverfahren und damit auch Preisverhandlungen mit dem BAG ersparen und letztlich aufgrund fehlender Transparenz höhere Preise verlangen.

Die Frage steht im Raum: Was tun? Aus der Sicht der CSS braucht es auch in Zukunft eine Möglichkeit, im Ausnahmefall die neusten Medikamente für unsere Versicherten zu vergüten. Es darf nicht sein, dass man einem Menschen ein Medikament vorenthält, das ihn vielleicht vor dem Tod rettet, nur weil administrative Prozesse nicht durchlaufen wurden. Die Betonung muss aber auf dem Ausnahmefall liegen. Denn man darf nicht sowohl den Betroffenen als auch der Allgemeinheit experimentelle Medizin mit schwacher Evidenz zu Phantasiepreisen aufbürden, nach dem Motto «Die Hoffnung rechtfertigt jeden Preis und stirbt zuletzt». Gelingen kann dies nur, wenn sich alle Akteure an einer gemeinsamen Lösung beteiligen. Die CSS wird sich jedenfalls nicht beirren lassen und sich weiter mit Hochdruck für dieses Thema einsetzen.

Falk Schimmann

Falk Schimmann ist Leiter der Abteilung Leistungs- & Fallsteuerung der CSS Versicherung.

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