Ist die Grundversorgung mit Generika in Gefahr?
Generika spielen heute eine zentrale Rolle in der medizinischen Grundversorgung, u. a. bei der Behandlung von Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des zentralen Nervensystems, Krebs, Schmerz- sowie Infektionserkrankungen. Dank Generika und Biosimilars werden in der Schweiz jährlich rund 533 Millionen Franken eingespart¹. Generikafirmen sehen sich heute mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, welche die Grundversorgung gefährden.
Am Bedürfnis vorbei
Trotz starker Regulierung erbringt der Medikamentenmarkt nicht immer gesellschaftlich erwünschte Ergebnisse. Welche neuen Lösungen braucht es?
Kontinuierlicher Preisdruck: Die Preise für Generika werden in der Schweiz jährlich gesenkt. Aufgrund der regelmässigen Preisüberprüfung durch das BAG sanken die Generikapreise seit 2003 um rund 45 Prozent¹. Dieser Preiszerfall vor allem bei günstigen Generika, die weniger als 15 Franken kosten, gefährdet bei uns, wie auch in anderen europäischen Ländern, die Grundversorgung. Gefährdet ist insbesondere auch die Versorgung mit Nischenprodukten, wie z. B. Kindermedikamente, da die akute Gefahr besteht, dass diese Medikamente nicht mehr kostendeckend angeboten werden können.
Hohe regulatorische Anforderungen: Die Schweiz hat bei Arzneimitteln strenge regulatorische Vorgaben wie die Zweisprachigkeit der Verpackungen, die Dreisprachigkeit der Arzneimitteltexte und der Zwang, für Generika alle Packungsgrössen und Dosierungen wie beim Original einzuführen. Dies führt bei Anbietern zu grossem Administrationsaufwand, hohen Zusatzkosten und verhindert teilweise aus Rentabilitätsüberlegungen die Einführung neuer Generika.
Marktanteile der Generika
Wertmässig dominieren die patentgeschützten Medikamente, volumenmässig hingegen die patentfreien: Die Generikaquote liegt in der Schweiz bei 20,1 Prozent Marktanteil nach Wert und 37,9 Prozent nach Volumen im kassenzulässigen Segment.
Wirtschaftlichkeit
Gemessen an den verbrauchten Tagesdosen, sind in der Schweiz die wirkstoffgleichen und austauschbaren Originale zu 72,3 Prozent mit Generika substituiert. Idealerweise sollte der Wert bei 100 Prozent liegen, es gibt also noch Sparpotenzial.
Konsolidierung der Produktion, Lieferkettenabhängigkeiten: Die behördlich verfügte Preispolitik bei Generika hat global zu einer Konzentration der Produktionsstätten und Rohstofflieferanten mit entsprechenden Abhängigkeiten geführt. Die Corona-Pandemie sowie geopolitische Konflikte führten zu Lieferengpässen und haben die Situation zusätzlich verschärft.
Forderungen an die Politik, um die Grundversorgung mit Generika nachhaltig zu stabilisieren:
- Keine weiteren Preissenkungen im Generikatiefpreissegment.
- Einfacher und rascher Prozess für Preiserhöhungsgesuche, die aufgrund von Kostengründen nötig sind (z. B. steigende Produktionskosten durch Inflation).
- Flexibles, transparentes und digitalisiertes Gesundheitssystem, um die komplexe Zusammenarbeit mit den Behörden und den anderen Stakeholdern im Gesundheitswesen zu vereinfachen.
- Vereinfachte regulatorische Vorgaben der Swissmedic, Harmonisierung mit der EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) mit weniger länderspezifischen Standards.
Unsere von der Politik geforderten Massnahmen sind wichtig, um die Grundversorgung mit Generika in der Schweiz sicherzustellen und den Spareffekt, den Generika erzeugen, nicht zu gefährden.
1Intergenerika. Effizienzbeitrag der Generika, Berichtsjahr 2022, Edition 2023.