Hohe Preise trotz reguliertem Wettbewerb
Ein Schweiz-Chef des Basler Pharmakonzerns Novartis jammerte einst in einem Interview: «Wir arbeiten in einem regulierten Umfeld, in dem der freie Wettbewerb eingeschränkt und die Preisausgestaltung nicht frei ist.» Was der Manager nicht sagte: Diese Regulierungen sind so grosszügig ausgelegt, dass die Branche gut damit leben kann.
Heikle Preisgestaltung für neue Therapien
Neue Medikamente sind oft teuer – trotz unklarem Nutzen. Die Suche nach neuen Preismodellen fordert alle Akteure.
Die 250 umsatzstärksten, patentgeschützten Medikamente sind im vergleichbaren Ausland im Durchschnitt um 8,8 Prozent günstiger als in der Schweiz. Das kostet die Grundversicherten rund 300 Millionen Franken. Bei nicht patentgeschützten Medikamenten belaufen sich die Preisunterschiede auf 15 bis 48 Prozent. Die hohen Preise stehen unter Heimatschutz. Grundversicherer dürfen keine im Ausland bezogenen, günstigeren Medikamente vergüten.
Kommt ein neues Präparat auf den Markt, setzt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Preis unter anderem aufgrund eines Vergleichs mit den Preisen in neun europäischen Ländern fest. Nur weiss niemand, wie zuverlässig dieser Vergleich ist. Denn verglichen werden Schaufensterpreise. Nicht berücksichtigen lassen sich Rabatte, die Pharmaunternehmen mit den für die Preisfestsetzung zuständigen Stellen aushandeln. Die Sonderkonditionen sind geheim.
«Pharmamanager jammern auf Vorrat. Ihre Firmen erwirtschaften weit höhere Umsatzrenditen als Unternehmen anderer Branchen.»
Roman Seiler
Diese Praxis setzen die Hersteller auch in der Schweiz zunehmend für neue, hochpreisige Medikamente und Gentherapien durch. Das ermöglicht zwar gewisse Einsparungen. Aber es bleibt im Dunkeln, ob Pharmafirmen anderen Ländern günstigere Konditionen bieten und so unsere hohe Kaufkraft abschöpfen.
Doch es ist nicht nur die mangelnde Transparenz, welche der Industrie hilft, ihre hierzulande hohen Preise zu verteidigen. Die Zahler, die Krankenversicherer, und Patientenorganisationen haben im Gegensatz zu den Pharmafirmen kein Einspracherecht gegen Entscheide des BAG. Zudem erfolgen weitere Auslandpreisvergleiche nur alle drei Jahre. Statt alljährlich, womit sich schneller Einsparungen erzielen liessen.
All dies zeigt: Pharmamanager jammern auf Vorrat. Ihre Firmen erwirtschaften trotz reguliertem Wettbewerb weit höhere Umsatzrenditen als Unternehmen anderer Branchen. Bei Novartis betrug diese im vergangenen Jahr 23, beim Basler Konkurrenten Roche gar 29 Prozent. Deren Aktionäre erhielten die 35. Dividendenerhöhung in Folge.