Einige Handlungsempfehlungen
Vincent und Staines analysierten im Zusammenhang mit der WHO-Initiative «Medication without harm» verschiedene nationale Gesundheitswesen. Ihre Interpretation des Schweizer Systems: «Das schweizerische Gesundheitswesen ist sehr komplex aufgrund der föderalen Struktur und im Ansatz mehrerer Inkonsistenzen. Die Komplexität der legalen Basis ermöglicht es kaum, Verantwortliche zu identifizieren. Stärkere Governance und Leadership sind nötig.»1,2,3 Die Verantwortung an diversen Stellen führt zu Spannungen zwischen verschiedenen Interessen. Es sind nicht persönliche Interessen, sondern Verpflichtungen und komplexe Verbindungen, welche die Suche nach einem Konsens behindern.
Am Bedürfnis vorbei
Trotz starker Regulierung erbringt der Medikamentenmarkt nicht immer gesellschaftlich erwünschte Ergebnisse. Welche neuen Lösungen braucht es?
Um das Problem der Versorgungssicherheit anzugehen, sind daher umfassende Massnahmen auf verschiedenen Ebenen erforderlich. Dazu gehören Verbesserungen in der Herstellung von Wirkstoffen und Medikamenten im Handel und Vertrieb, im klinischen Einsatz sowie hinsichtlich der Ergebnisse (sowohl klinisch als auch finanziell und bezüglich der Lebensqualität der Patienten und Patientinnen). Die Reduktion der hohen Anzahl diverser Systemansätze ist dringend nötig. Prima vista naheliegende Bewältigungsstrategien zeigen, wie wir mit begrenzten Medikamentenvorräten umgehen können, sind jedoch keine Erfolgsgarantie.
Identifikation der Root Causes
Es ist wichtig, die Ursachen dieser Probleme an ihrer Wurzel zu beseitigen. Mögliche Massnahmen zur Sicherstellung der Therapien wären die lokale Produktion von Wirkstoffen und Medikamenten als Backup im eigenen Land oder die aktuell vergessene Möglichkeit zur Überbrückung mit zulassungsbefreiten Produkten nach Art. 9 HMG. Seit 2013 existiert ein Agreement zwischen der GSASA, pharmaSuisse und den Verbänden der pharmazeutischen Industrie, dass Letztere im Bedarfsfall die Rohstoffe zur Verfügung stellen. Diese Absichtserklärung müsste umgesetzt werden, damit bei Lieferengpässen die befähigten KMU und (Spital-)Apotheken die benötigten Präparate herstellen können.4 Leider haben die Spitäler in den letzten Jahren Herstellungskapazitäten stillgelegt. Solange diese zumindest als Notlösung zugängliche Nachschubquelle nicht eröffnet wird, bleibt die Aussicht auf quantitativ hinreichende Arzneimittelmengen düster.
Quellenangaben
1World Health Organisation. Patient safety. The third WHO Global Patient Safety Challenge: Medication Without Harm. [Online] 2017. [Accessed on 31.01.2023].
2World Health Organisation. Global patient safety Action Plan 2021-2030. [Online] 2017. [Accessed on 29.04.2023].
3Vincent C and Staines A. Enhancing the quality and safety of Swiss healthcare. 2019. Bern: Federal Office of Public Health. [Accessed on 31.01.2023].
4Absichtserklärung der Verbände der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz gegenüber folgenden Organisationen in der Schweiz, 2013.