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Ärztliches Vertrauensprinzip

Das Ärzteteam wählt die sinnvollste und nicht per se teuerste oder neuste Behandlungsoption. Deshalb verdient es entsprechendes Vertrauen.

Prof. Dr. med. Thomas Pabst, Stv. Klinikdirektor und Chefarzt, Universitätsklinik für Medizinische Onkologie Inselspital

Marcel Reinhard, Leiter Ertragsmanagement Insel Gruppe

5. Oktober 2022

Die CAR-T-Zelltherapie wurde vor drei Jahren in der Schweiz eingeführt zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einem Rückfall eines aggressiven B-Zell-Lymphoms oder einer akuten lymphatischen Leukämie der B-Linie. Nach zwei Therapielinien hatten bisher Patienten mit diesen bösartigen lymphatischen Erkrankungen die verfügbaren Therapie­optionen ausgeschöpft. Das mittlere Überleben solcher Patienten betrug nur wenige Monate. Mit der CAR-T-Zelltherapie darf die Hälfte dieser Patienten nun neu mit einer Heilung rechnen. Die CAR-T-Zelltherapie stellt daher in der Onkologie in vielerlei Hinsicht einen Durchbruch dar: Sie kann eine Heilung ermöglichen in Situationen, in denen dies zuvor nicht realistisch war.

Schwierig für uns Ärzte ist jedoch, dass nicht alle Patienten zeitnah von der Behandlung profitieren können, obwohl für die Vergütung der Therapien grundsätzlich das ärztliche Vertrauensprinzip gilt. Die schwerkranken Patienten vertrauen darauf, dass das Ärzteteam – auch bei geringem Evidenzniveau, aufgrund ihrer Erfahrung – die sinnvollste Therapie und nicht per se die teuersten oder neusten Behandlungsoptionen wählt. Bei der neuen, teuren CAR-T-Zelltherapie müssen wir Ärzte sogenannte Checklisten für die Vertrauensärzte der Versicherer ausfüllen und ein Kostengutsprachegesuch stellen. Mit den Checklisten prüfen die Vertrauensärzte der Krankenversicherer, ob der Patient für die Therapie infrage kommt respektive ob die Kosten dafür getragen werden sollen, obwohl der behandelnde Arzt die Therapie als beste Option beurteilt. Eine Behandlung ist erst möglich, wenn eine gültige Kostengutsprache seitens der Krankenkasse vorliegt. Dies endet oft in einem zeitaufwendigen, administrativen Prozess. Aber gerade diesen Patienten fehlt oft die Zeit, was im Einzelfall folgenschwere Konsequenzen haben kann. Hier hoffen wir auf einfachere, schnellere und fairere Lösungen zugunsten der Patienten – und auf mehr Vertrauen in unsere medizinische Expertenmeinung.

Ein zielgerichteter Lösungsansatz wäre die Installation eines unabhängigen, nationalen vertrauensärztlichen Dienstes. Der Ansatz würde die Chance bieten, dass Fachexperten die Fälle prüfen könnten und durch die systematische Beurteilung der Fälle die Gleichbehandlung der Patienten wesentlich besser sichergestellt werden kann.

Prof. Dr. med. Thomas Pabst

ist Stv. Klinikdirektor und Chefarzt der Universitätsklinik für Medizinische Onkologie Inselspital.

Marcel Reinhard

ist Leiter Ertragsmanagement Insel Gruppe.

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