Wichtiges Mittel zur Qualitätssicherung
Mindestens einmal kommt jedes Dossier einer Patientin oder eines Patienten mit einer Tumorkrankheit in ein Tumorboard des LUKS: Bei der Sicherung der Diagnose, zum Festlegen der Behandlung und spätestens wieder bei einem Rückfall. Bei der Besprechung von Akten zu Tumorerkrankungen geht es um die gemeinsame Analyse, die optimale Behandlung und die medizinische Federführung. «Dies geschieht so ausführlich wie nötig und so kurz wie möglich», sagt Stefan Aebi. Er ist seit 1996 in der Onkologie tätig, seit 2011 als Chefarzt Medizinische Onkologie am LUKS. In dieser Funktion leitete er mehrere Jahre das Tumorzentrum. Dieses erlangte als zweites Onkologisches Zentrum der Schweiz die Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft. Tumorboards sind darum auch ein wichtiges Glied in der Qualitätssicherung.
Blindflug beim Sammeln von Daten
Unser Gesundheitssystem pflegt keinen einheitlichen Umgang mit Daten und verursacht Mehrkosten sowie Über- und Fehlversorgung.
Sehr hilfreich ist dafür das 2019 am LUKS eingeführte Klinikinformationssystem LUKiS. Dank ihm haben alle Beteiligten jederzeit Zugriff auf die digitale Akte und können sich optimal vorbereiten, was den Informationsaustausch wesentlich einfacher macht als in der früheren analogen Welt. Manchmal werden nur wenige Patientendossiers besprochen, es können jedoch auch schon mal bis zu 30 in einer einzigen Sitzung sein. Das erfordert mehrere Stunden Vorbereitung, damit alle auf dem gleichen Stand sind. In der Regel nehmen 10 bis 20 Personen an den Boards teil, pro Jahr werden rund 3500 Dossiers besprochen.
Vorteile für alle
Daten wie pathologische Berichte, genetische Tests oder Bildgebungsergebnisse spielen in einem medizinischen Board eine zentrale Rolle für Fallbesprechung, Diagnose und Therapieentscheidung. Die Herausforderungen sind eine vollständige und fehlerlose Datenqualität zur Vermeidung von Fehleinschätzungen sowie eine effektive interdisziplinäre Kommunikation und die nötige Zeit für die Datenanalyse.
Besprochen werden Dossiers aller Personen mit Tumorerkrankungen: solche mit frühen Tumorstadien, die mit Heilungsabsicht behandelt werden, andere, bei denen die Standardtherapien ausgeschöpft sind und für die weitere Behandlungsoptionen gesucht werden, oder solche mit seltenen Tumoren, für die es keine etablierte Standardtherapie gibt. «Die Boards helfen uns, bessere Lösungen und andere Ideen zu erhalten oder wichtige Hinweise oder Widersprüche zu einer geplanten Therapie zu finden. Studien zeigen, dass solche Boards zu besseren Therapien führen», sagt Aebi.
«Die Boards helfen uns, weitere Ideen, wichtige Hinweise und Widersprüche zu einer geplanten Therapie
zu finden.»
Dank dem Board profitieren alle von interdisziplinärer Expertise aus Radiologie, Pathologie und molekularer Diagnostik, Medizinischer und Radio- Onkologie, organzentrierten Fächern wie Pneumologie, Urologie, Gynäkologie und chirurgischen Fächern. Tumorboards erleichtern auch den Zugang zu klinischen Studien und ermöglichen Patientinnen und Patienten neue Therapieformen. Multidisziplinäre Boards sind keine Exklusivität der Onkologie: Das LUKS kennt längst auch andere Boards, etwa in der Gastroenterologie oder der Herzchirurgie.
«Die Konferenzen tragen auch dem wachsenden Bedürfnis der Zentralschweizer Onkologen nach kompetenter Unterstützung bei komplexen molekularbiologischen Tumorbefunden Rechnung – immer mit dem Ziel einer optimalen und zukunftsgerichteten Betreuung», so Aebi weiter. «Tariflich sind die Kosten solcher Boards ungenügend abgebildet. Trotzdem können und wollen wir im Interesse der Behandlungsqualität nicht auf sie verzichten.» Die LUKS-Tumorboards stehen auch anderen Zentralschweizer Kliniken offen. Auch wenn sie nicht wie die LUKS-Standorte oder das Spital Nidwalden direkt an LUKiS angeschlossen sind, können sie Röntgenbilder und Dokumente auf einfache Art elektronisch übermitteln. Solche Fallbesprechungen sind auch ein wichtiger Teil der Weiterbildung für Assistenzärztinnen und -ärzte.
Keine Scheuklappen dank Schwarmwissen
«Als Oberarzt glaubte ich, endlich den Überblick zu haben», blickt Stefan Aebi auf seine Anfänge in der Onkologie zurück. «Doch mit zunehmender Erfahrung und Komplexität zeigte sich, dass eine Einzelperson je länger, desto weniger das gesamte nötige medizinische Wissen überblicken kann.» Das «Schwarmwissen» verhindert, aus Routine eine «eigene Schule» zu entwickeln und dabei erfolgreichere Wege nicht zu sehen. Boards werden auch regelmässig (re-)zertifiziert. Auch dann sind Daten wichtig – für Vergleiche mit anderen Spitälern. Etwa, um zu ermitteln, wie vielen Betroffenen auf Anhieb der ganze Tumor entfernt werden konnte.