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Wenn sich Qualität auszahlt

Warum Vergütungsmodelle das Behandlungsergebnis mitentscheiden und was die Schweiz international und von ihren Nachbarn lernen kann.

Moritz Neubauer, Geschäftsführer des Berliner Value-Based-Care-Unternehmens Heartbeat Medical

24. Oktober 2025

Trotz einer im OECD-Vergleich erstklassigen Versorgung und Lebenserwartung steht das Schweizer Gesundheitssystem vor massiven Herausforderungen: Mit einer alternden Bevölkerung, wachsenden Behandlungsmöglichkeiten und hohem Qualitätsanspruch drohen die bereits hohen Kosten auszu­ufern. Die Schweiz ist damit aber nicht allein; und es gibt bereits Lösungsansätze für hochqualitative Versorgung der Versicherten und langfristige Wirtschaftlichkeit.

Vom Mengenanreiz zum Mehrwert
Lange galt für Leistungserbringer das Motto «je mehr Behandlungen, desto mehr Geld» – mit Überversorgung, vermeidbaren Komplikationen und steigenden Prämien als Folge. Value-Based Reimbursement (VBR) kehrt das Prinzip um: Bezahlt wird in Abhängigkeit der erzielten Gesundheitsergebnisse. Damit richtet sich der Blick auf das, was für Patientinnen und Patienten zählt: Gesundheits- und Lebensqualität. «Value» bezeichnet dabei das Verhältnis zwischen gesundheitlichem Nutzen für Betroffene und den dafür eingesetzten Gesamtkosten.


Grundlage und Chancen von Value-Based Reimbursement
VBR verknüpft die Vergütung mit messbaren Gesundheitsergebnissen, den sogenannten Patient-Reported Outcomes (PROs) – etwa das Nachlassen von Schmerzen oder die Wiederherstellung der Beweglichkeit. Digitale Erhebungen mit Betroffenen schaffen dabei eine gemeinsame Datenbasis für Versorgung und Vergütung. Eine auf PROs und Value-basierte Vergütung belohnt eine Versorgung, die auf individuelle Ergebnisqualität und langfristige Wirtschaftlichkeit ausgerichtet ist.

Werden PROMs vergütungsrelevant, können Komplikationen und Kosten zugleich sinken. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass es bereits funktionierende Modelle gibt:

Routine statt Piloten für die Schweiz
SwissDRG und TARMED belohnen aktuell primär die Menge und nicht das patientenrelevante Ergebnis. Das KVG bietet zwar Raum für qualitätsbasierte Vergütung, diese Möglichkeit wird jedoch kaum genutzt. Erste Praxisprojekte wie etwa eine Pilotierung von PROMs in der Arthrose-Begleitung durch die CSS zeigen aber, was möglich wäre. Positiv auch: In der Endoprothetik und Onkologie haben PROM-
Messungen regional bereits Einzug in die schweizerische Versorgungslandschaft gehalten.

Eine wertebasierte Versorgung und ein Value-Based Reimbursement können nur gelingen, wenn sich auch die finanziellen Anreize im System für alle Akteure am Gesundheitsergebnis ausrichten. Ausserdem braucht es eine landesweit einheitliche und neutrale Dateninfrastruktur sowie obligato­rische PROM-Messungen. Die daraus entstehende Transparenz bildet die Grundlage für ein «VBR made in Switzerland» – international inspiriert, aber regional optimiert. 

PROs: Ein Patient-Reported Outcome (PRO) ist ein Gesundheitszustand oder Therapie-Ergebnis, das unmittelbar von der Patientin bzw. dem Patienten selbst berichtet wird – ohne jegliche Interpretation durch medizinisches Personal oder andere Dritte.

PROMs: Ein Patient-Reported Outcome Measure (PROM) ist ein standardisierter Fragebogen bzw. Messinstrument, das patientenberichtete Outcomes systematisch von den Betroffenen erfasst.

Moritz Neubauer

ist Geschäftsführer des Berliner Value-Based-Care-Unternehmens Heartbeat Medical. Er studierte Entwicklungsökonomik in Bayreuth, Tel Aviv und Lund mit Schwerpunkt auf Transformation und öffentliche Güter.

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