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Was macht den Unterschied?

Gerade kulturelle Gewohnheiten und unterschiedliche Einkommensniveaus prägen die Gesundheitsausgaben.

Prof. Dr. Stefan Felder, Professor für Health Economics an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel

19. Februar 2025

Zwischen den Kantonen gibt es in der obligatorischen Kranken­pflegeversicherung (OKP) starke Unterschiede in der Leistungsinanspruchnahme der Bevölkerung. Mit rund 450 Franken pro Kopf am höchsten sind die monatlichen Bruttoleistungen in den Kantonen Basel-Stadt, Genf und Tessin. In Appenzell-Inner­rhoden, Uri und Obwalden dagegen sind sie mit unter 300 Franken landesweit am geringsten. Zudem ist ein deutliches West-Ost-Gefälle er­kennbar.

Diese Unterschiede sind insbesondere auf unterschiedliche Ansprüche der lokalen Bevölkerung zurückzuführen. In der Westschweiz und im Tessin suchen die Menschen öfter ihren Arzt auf, der seinerseits seine Patienten häufiger zum Spezialisten und ins Spital überweist als in der deutschen Schweiz. Nebst solchen kulturell und historisch geprägten Gewohnheiten spielt auch der Anstieg des verfügbaren Haushaltseinkommens in den letzten Jahren eine wichtige Rolle für die Leistungsinanspruchnahme. Höhere Einkommen der Versicherten führen zu einer stärkeren Nachfrage nach medizinischen Leistungen und verteuern damit die Kosten der medizinischen Versorgung.

Hohe Kosten durch Überangebot

Einkommensunterschiede wirken sich auch innerhalb eines Kantons auf die medizinische Leistungsinanspruchnahme aus. Das zeigt sich in den Kantonen, die mehr als eine Prämienregion aufweisen (vgl. Grafik). In den städtischen Gebieten (Region 1), wo die Einkommen im Durchschnitt höher als auf dem Land sind, beträgt der Prämienunterschied im Mittel 7,2 Prozent, sowie 5 Prozent zwischen Region 2 und Region 3 (ländlich).

Die Kantone haben gemäss Verfassung den Auftrag, die stationäre Versorgung sicherzustellen. Trotz Rückgang der Verweildauer in den letzten zehn Jahren um 15 Prozent ist die Zahl der betriebenen Spitalbetten in der Schweiz bei 38 000 konstant geblieben. Das Überangebot trägt wesentlich zu den hohen Kosten der medizinischen Versorgung bei. Über die Spitalliste können die Kantone das stationäre Angebot steuern. Durch die Schliessung von Standorten, aber auch von selbstständigen Regionalspitälern, sollte das Angebot zentralisiert werden. Das würde Kosten sparen und die Qualität der Versorgung steigern. Mit der hohen Bettendichte tragen die Kantone selbst zum starken Wachstum der Gesundheitsausgaben bei.

«Höhere Einkommen führen zu einer stärkeren Nachfrage nach medizinischen Leistungen.»

Gegen den Spitalabbau wehrt sich die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten. Ausschlaggebend ist nicht zwingend die medizinische Versorgung, sondern der drohende Beschäftigungswegfall und Steuerausfälle bei einer Spitalschliessung. Daher fällt es der kantonalen Gesundheitspolitik schwer, das stationäre Angebot zu verschlanken. Die einheitliche Finanzierung von Gesundheitsleistungen wird die Ambulantisierung der medizinischen Versorgung vorantreiben. Parallel dazu sollten jetzt die Kapazitäten abgebaut und nicht etwa, wie es beispielsweise auf der Luzerner Landschaft in Wolhusen geschieht und in Sursee geplant ist, erneuert werden.

Effizienz, die sich auszahlt

Wichtig ist in jedem Fall, dass die Bevölkerung in den Kantonen für das Kostenniveau ihrer medizinischen Versorgung finanziell aufkommt. Diese fiskalische Äquivalenz wird über regional differenzierte Prämien und kantonale Steuermittel weitgehend erreicht. Das würde sich schlagartig ändern, wenn die Bundessteuer stärker zur Finanzierung der Gesundheitsausgaben herangezogen würde. Eine landesweit einheitliche Gesundheitssteuer von 12 Prozent hätte je nach Höhe der Gesundheitsausgaben und Steuerkraft der Kantone erhebliche regionale Verteilungswirkungen: Die bezahlten Gesundheitssteuern würden im Kanton Zug gegenüber den heutigen Prämien monatlich um 320 Franken pro Einwohner steigen, während sie im Kanton Jura um etwa 115 Franken sinken würden. Dies entspricht der Grös­senordnung der Ausgleichszahlungen im aktuellen nationalen Finanzausgleich. Kantone, die ihre Gesundheitsversorgung besonders effizient organisieren, profitieren heute durch günstigere Prämien und niedrigere Kostenbeteiligung bei den Spitälern. Dieser Anreiz würde durch eine landesweit einheitliche Gesundheitssteuer erheblich reduziert. Sie hätte massive interkantonale Umverteilungen zur Folge und würde den gelebten Föderalismus in der OKP infrage stellen. 

Prof. Dr. Stefan Felder

ist Professor für Health Economics an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel und Direktor des Basel Center for health economics.

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