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Patientensteuerung durch Personalisierung

Kann ein Krankenversicherer seine Kunden zu gewissen Leistungserbringern steuern? Und reagieren Kunden stärker auf personalisierte Informationen? Ein randomisiertes Experiment liefert Antworten.

Lukas Kauer, PhD, Lehr- und Forschungsbeauftragter an der Universität Luzern, ehemaliger Mitarbeiter des CSS Instituts

Christian Schmid, Leiter des CSS Instituts für empirische Gesundheitsökonomie

18. Februar 2020

Der Schweizer Gesundheitsmarkt zeichnet sich u.a. durch eine hohe Komplexität und den Kontrahierungszwang in der Grundversicherung aus. Um die Effizienz zu steigern, kann der Versicherer versuchen, seine Kunden zu bestimmten Leistungserbringern zu steuern. Einerseits nimmt dadurch aus Sicht der Kunden die Komplexität ab, da sie sich auf eine Auswahl an Leistungserbringern beschränken können. Andererseits kann der Versicherer diejenigen Leistungserbringer auswählen, die beispielsweise bezüglich Qualität oder Kosten besser abschneiden. Das funktioniert allerdings nur, wenn sich die Kunden auch tatsächlich steuern lassen. Dies haben wir in unserer Studie anhand der Grippeimpfung in der Apotheke untersucht.

Dazu unterteilten wir zufällig ausgewählte Versicherte – wiederum zufällig – in drei Gruppen. Der ersten Gruppe schickten wir einen Brief mit dem Hinweis zur Möglichkeit, sich neu in der Apotheke gegen Grippe impfen zu können. Die zweite Gruppe erhielt im Brief zusätzlich eine Apotheke angegeben, in der eine Impfung möglich ist. Diese Apotheke bestimmten wir anhand der kürzesten Reisezeit mit dem öffentlichen Verkehr von der Adresse des Versicherten zur Apotheke. Die dritte Gruppe erhielt gar keinen Brief.

In der Gruppe, die keinen Brief erhalten hatte, lag die Impfrate – unabhängig, ob in der Apotheke oder beim Arzt – bei 10,19 Prozent. Dieser Wert stellt die Basis in unseren Analysen dar. Betrachtet man nun die Gruppe, die einen Brief ohne Apothekenangabe erhalten hatte, liegt die Impfrate um 1,97 Prozentpunkte höher, bei 12,16 Prozent. Am höchsten ist die Impfrate mit 13,44 Prozent jedoch in der Gruppe, in deren Brief eine Apotheke angegeben war, d.h., die personalisierte Version des Briefes erhöhte die Impfrate nochmals um 1,28 Prozentpunkte. Oder anders ausgedrückt: Verschickt man 100 Briefe ohne Apothekenangabe, resultieren daraus zwei zusätzliche Impfungen. Bei 100 Briefen mit konkreter Apothekenangabe sind es mehr als drei zusätzliche Impfungen. Ausserdem konnten wir zeigen, dass die Kunden tatsächlich auch in die angegebene Apotheke gehen, auch wenn eine nähere Apotheke zum Impfzeitpunkt vorhanden war. Insgesamt lässt sich also festhalten, dass durch personalisierte Informationen eine effektivere Patientensteuerung möglich ist.

Für Auskünfte zur Studie, die derzeit noch in Arbeit und nicht publiziert ist, stehen die Autoren gerne zur Verfügung.

Lukas Kauer

PhD, ist Lehr- und Forschungsbeauftragter an der Universität Luzern und ehemaliger Mitarbeiter des CSS Instituts.

Christian Schmid

PD Dr. Christian Schmid ist Leiter des CSS Instituts für empirische Gesundheitsökonomie und Lehrbeauftragter an der Universität Luzern. Er ist ausserdem Privatdozent an der Universität Bern.

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