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Neue Wege, neue Verantwortung

Gut ausgebildete Pflegefachpersonen können die ambulante Grundversorgung effizient stärken – vorausgesetzt, gesetzliche Hürden werden abgebaut.

Roswitha Koch, Dipl. Pflegefachfrau, Public Health Expertin (MPH), Leiterin Abteilung Pflegeentwicklung und Internationales SBK

24. Juni 2025

Für den Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) steht die bestmögliche Nutzung vorhandener Ressourcen im Vordergrund. In der Schweiz leben die Hälfte der über 55-Jährigen und zwei Drittel der über 75-Jährigen mit mindestens einer chronischen Krankheit (BAG, 2025). Um diesem Mehrbedarf auch in Zukunft gerecht werden zu können, müssen die Kompetenzen aller Gesundheitsberufe bestmöglich genutzt und die primäre Gesundheitsversorgung gestärkt werden. Mit einem gut funktionierenden, ambulanten Angebot lässt sich die Behandlung der steigenden Anzahl chronisch kranker Patienten wohnortnah, persönlich und kompetent sicherstellen. Die Stärkung der ambulanten Grundversorgung stellt eine Chance für das nicht ärztliche Gesundheits­personal dar, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Kompetenzen koordinieren
Heute arbeiten Ärztinnen und Ärzte vermehrt in interprofessionellen Teams mit anderen hoch qualifizierten Gesundheitsfachpersonen (Pflegefachpersonen, Physiotherapeutinnen, Physiotherapeuten, Ernährungsberaterinnen, Ernährungsberater, Hebammen oder Ergotherapeutinnen, Ergotherapeuten und Pflegeexpertinnen und Pflegeexperten APN) zusammen. Diese verfügen dank fundierter Ausbildungen an Fachhochschulen, Höheren Fachschulen und Universitäten über eigene, vertiefte Kompetenzbereiche und sind somit in der Lage, in der ambulanten Grundversorgung mehr Verantwortung zu übernehmen. Nun gilt es, diese verschie­denen Kompetenzen in der Praxis gut zu nutzen, entsprechend dem Patientenbedarf zu kombinieren und zu koordinieren – sowie angemessen zu entlöhnen. Das wirkt sich positiv auf Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung aus und erhöht die Attraktivität der professionellen Pflege.

Ganzheitliche Sicht
Im ambulanten Bereich (z. B. Arztpraxis, Spitex oder Spitalambulatorium) begleiten Pflegefachpersonen die Patienten oft über einen längeren Zeitabschnitt. Das Zuhause sowie das familiäre und soziale Umfeld sind dabei für einen guten Verlauf im Vergleich zum Spitalaufenthalt wichtiger. Mit ihrer Ausbildung, die eine ganzheitliche Perspektive auf den Menschen und sein Umfeld vermittelt, sind Pflegefachpersonen darauf adäquat vorbereitet.

Damit die Chancen einer Grundversorgung im interprofessionellen Team zum Wohle der Allgemeinheit genutzt werden können, müssen Hindernisse in den Bereichen Autonomie, Verantwortung, Koordination und Finanzierung überwunden werden. Etwa könnte eine Pflegeexpertin APN, die auf Palliative Care spezialisiert ist, die Fallführung vollumfänglich übernehmen. Dafür braucht es jedoch entsprechende Gesetzesänderungen und Anpassungen
der Finanzierungsmechanismen. 

Roswitha Koch

ist dipl. Pflegefachfrau, Public Health Expertin (MPH), Leiterin Abteilung Pflegeentwicklung und Internationales SBK.

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