Einfacher gesagt als getan
Selbstverständlich wollen heutzutage auch Patientinnen und Patienten wissen, ob sie bei einer «guten» Ärztin, einem «guten» Arzt in Behandlung sind, möchten Staat und Krankenversicherungen erfahren, warum das eine oder andere Spital beim Übertragen von Spitalkeimen schlechter abschneidet als andere Einrichtungen im Land. Seit 2021 sieht ein neuer Artikel im Schweizer Krankenversicherungsgesetz deshalb vor, die Qualität medizinischer Leistungen systematisch zu erfassen und zu verbessern.
Vermessene Versorgung?
Fehlende Transparenz, unklare Steuerung, unterschiedliche Perspektiven: Wie können wir Qualität in unserem Gesundheitssystem messen?
Doch seit der Einführung des Artikels tun sich Ärztegesellschaften und Krankenversicherungen schwer, eine gemeinsame Basis zu finden. Der Begriff «Qualität» ist im Kontext medizinischer Behandlungen höchst schwierig zu definieren. Fachleute sprechen von einem Sammelbegriff, der sechs bis sieben «Dimensionen» umfassen kann, die jeweils diverse Unterkategorien beinhalten. Die Akteure müssen sich auf aussagekräftige Messgrössen einigen, die Ärzteschaft muss Daten aufwendig erfassen und auch dann bleibt bei der Deutung einiges im Ungefähren. Einen Pudding kann man schlecht an die Wand nageln.
«‹Qualität› ist im Kontext medizinischer Behandlungen schwierig zu definieren.»
Trotzdem ist vieles im Aufbau, auch die Ärzteschaft engagiert sich aktiv. So hat die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin kürzlich ein Weissbuch zum Thema mit praxisnahen Leitfäden veröffentlicht. Einige Parlamentarier fordern aber schon, den jungen Qualitätsartikel weiter zu verschärfen und mit einem Kostensenkungselement zu kombinieren. Im zackigen Regulierungsfuror der Parlamentarier schimmern Kontroll-Ansprüche durch, die dem Ansinnen der Qualitätsverbesserung nicht helfen.
Eine Philosophie der steten Selbstüberprüfung kann nämlich nicht gegen den Widerstand der Ärzteschaft etabliert werden. Hinter der Idee der Qualitätsverbesserung steht ein kultureller Wandel – und der braucht Zeit sowie eine positive Atmosphäre des allseitig guten Willens. Neben Standards, Richtlinien und Daten ist auch eine gute Portion Vertrauen vonnöten. Daran fehlt es bei den wichtigsten Akteuren im Schweizer Gesundheitswesen leider seit Jahren.