Ein Moratorium ist der falsche Weg
Ein Dauerbrenner der Gesundheitspolitik ist die Forderung nach einem Abbau des Leistungskatalogs in der obligatorischen Krankenversicherung, um Kosten einzusparen. Auf jede Prämienerhöhung reagieren Politikerinnen und Politiker mit entsprechenden Vorstössen. Sie verpuffen meist wirkungslos.
Leistungskatalog begrenzen – aber wie?
Entspricht der heutige Leistungskatalog noch den ursprünglichen Regeln? Braucht es Begrenzungen und wie könnten diese aussehen?
Nun verlangen die SVP-Nationalrätin Martina Bircher und der FDP-Nationalrat Philippe Nantermod ein Moratorium. Die Aufnahme neuer Leistungen und Leistungserbringer soll «während eines bestimmten Zeitraums ausgesetzt» werden. Ausnahmen sollen nur noch bei Leistungen mit «innovativem Charakter» möglich sein.
Das tönt nach Kapitulation. Weil die Rufe nach einer Kürzung des bestehenden Leistungskatalogs erfolglos verhallt sind, soll einfach kaum mehr Neues dazukommen. Dabei gibt es bereits einen Hebel, um den Leistungskatalog zu verkleinern. Das Krankenversicherungsgesetz schreibt vor, dass Leistungen «wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich» sein müssen.
«Es gibt bereits einen wirksamen Hebel, um den Leistungskatalog zu verkleinern.»
Roman Seiler
Doch genau hier hapert es. Denn bei den meisten neuen Leistungen wird nicht wirklich geprüft, ob die «WZW»-Kriterien erfüllt sind. Unter anderem auch deswegen, weil die dafür zuständige «Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen» ein Milizgremium ist.
Die Zahl der Wirkungsüberprüfungen ist entsprechend tief: 17 Entscheide gab es gemäss Bundesrat seit 2017. Damit seien jährliche Einsparungen von 75 Millionen Franken erzielt worden. Das
ist immerhin ein Hinweis, wie man den Leistungskatalog eingrenzen könnte.
Es gilt, die bestehenden Strukturen so auszubauen, dass mehr Wirkungsüberprüfungen durchgeführt werden können. Zudem sollten vermehrt Erkenntnisse aus dem Ausland einbezogen werden. Genau das hat die ehemalige Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel vor Jahren verlangt. Der Bundesrat lehnte diesen Vorstoss ab.
Dabei wies er auch auf die Verzögerungen hin, die Einsprachen von betroffenen Leistungserbringern nach sich ziehen. Sie haben logischerweise aus monetären Gründen kein Interesse an einer effizienten Wirkungsprüfung.
Das ist noch lange kein Grund, diesen Pfad nicht weiter zu beschreiten. Aber dafür müssten Politikerinnen und Politiker halt weniger Rücksicht auf die Lobbys der Gesundheitsbranche nehmen.