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Die Rollenverteilung in der Tarifpartnerschaft

Beda M. Stadler, ist emeritierter Professor und war Direktor des Instituts für Immunologie an der Universitat Bern.

24. Mai 2018

Böse Zungen behaupten, hätte man den Kommunismus im Tierversuch getestet, wäre er nie eingeführt worden. Vielleicht sollte man die Idee einer Tarifpartnerschaft im Gesundheitswesen auch derart überprüfen und sich fragen, wer eigentlich frisst und wer bloss Futter ist. Macht es biologisch Sinn, zwischen Konkurrenten eine Partnerschaft herbeizureden? Im Wallis funktioniert die Partnerschaft zwischen Wolf und Mensch ja auch nicht: weil beide das Gleiche tun und fressen wollen.

Chancen für die Tarifpartnerschaft

Beispiel Kanada

In Kanada, wo es noch echte Wildnis gibt, kam man zu anderen Schlüssen. Die Dezimierung der Wölfe hatte dort zur Folge, dass das Grosswild standorttreu wurde und rundherum alles kahl frass, weil die Elche und Hirsche nicht mehr von den Wölfen herumgejagt wurden. Damit fehlte den Bibern das Jungholz, und sie bauten weniger Dämme, was zu vermehrten Überschwemmungen führte. Die Menschen, welche unter den Überschwemmungen litten, betrachten den Wolf seither als Nutztier.

«Jeder will das Tarif­system zu seinen eigenen Gunsten optimieren; er wechselt den Pelz nach Bedarf zwischen Wolf und Schaf.»

Beda M. Stadler

Kosten steigen

Vielleicht ergeht es den Patienten ähnlich. Eines steht schliesslich fest: Die «Überschwemmungen» wurden dank der Tarifpartnerschaft nicht weniger. Genau wie das Hochwasser steigen die Preise im Gesundheitswesen stetig an. Vielen Patienten steht das Wasser nun bis zum Hals. Es geht also um Leben und Tod, während der Eindruck entsteht, dass es bei den Diskussionen unter den Tarifpartnern trotz offensichtlicher Flurschäden eher um «schöner wohnen» geht. Wenn zwei sich um Tarife streiten, freut sich wahrscheinlich der falsche – sicher nicht der Patient.

Tarifpartnerschaft = Biotop?

Die derzeitige Tarifpartnerschaft kann also nicht mit einem Biotop verglichen werden, weil die Rollenverteilung unter den Partnern unklar ist. Jeder will das Tarifsystem zu seinen eigenen Gunsten optimieren; er wechselt den Pelz nach Bedarf zwischen Wolf und Schaf. Die Partnerschaft sollte aber eigentlich Überschwemmungen verhindern, das heisst den Patienten nützen.

In unserem kanadischen Gleichnis waren die Menschen letztlich die Leidtragenden, weil sie den Wolf umgebracht hatten. Gleichermassen darf man behaupten, dass die Patienten selber zu Jägern geworden sind. Sie bedienen sich in der Wildnis, die man zu einem Gesundheitssystem erklärt hat, in der sich jeder maximal bedienen darf. Wir müssen wieder zurück zu Krankenkassen, also einem Krankensystem, das auf Solidarität basiert und überschaubar ist. Der Wolf soll endlich sagen, wer effektiv krank ist und Hilfe braucht. Gesundheit wird nämlich nie bezahlbar sein.

Beda M. Stadler

geboren 1950 in Visp (VS), ist emeritierter Professor und war Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern. Er ist bekannt für seine bissigen Aussagen zu medizinischen sowie gesundheits- und gesellschaftspolitischen Themen.

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