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Die Krankenkasse – dein Freund und Helfer

Beda M. Stadler, ist emeritierter Professor und war Direktor des Instituts für Immunologie an der Universitat Bern.

6. Juni 2019

Der Patient braucht einen neuen Freund und Helfer. Früher war das der Vertrauensarzt. Jeder Arzt, der wieder in diese Rolle schlüpfen würde, wäre allerdings bald bankrott. Da unser Gesundheitssystem krank gespart wurde, hat auch die Pflege zu wenig Zeit für ein ausführliches Gespräch oder tröstende Worte. Die Patienten flüchten zu Google und haben am Ende mehr Diagnosen und Ängste. Freunde und Besucher haben ihr Wissen meistens von Facebook und sind auch kein Trost, erst recht keine Hilfe. Wäre das also eine neue Rolle für die Krankenkassen?

Eine darbietende Hand der Krankenkassen würde derzeit wahrscheinlich noch mit Skepsis aufgenommen werden. Schliesslich behaupten böse Zungen, dass sie sich hinter unserem Rücken mit den Medizinern streiten, um die Kosten unserer Behandlung zu senken. Das legt den Verdacht nahe, unsere Behandlung werde schlechter. Krankenkassen könnten trotzdem versuchen, Vertrauen zurückzugewinnen. Zum Beispiel, wenn man via Hotline oder eine digitale App seine Krankengeschichte hochladen könnte, um eine Zweitmeinung zur Behandlung zu erhalten. Allenfalls würde darauf eine Krankenkassenärztin oder -pflegerin zurückrufen und ausführlich mit uns sprechen. Im Extremfall könnte es sogar passieren, dass man im Spital von einer Fachperson Besuch kriegt, die sich mal richtig Zeit nimmt.

«Freunde haben ihr Wissen meistens von Facebook und sind auch kein Trost, erst recht keine Hilfe.»

Beda M. Stadler

Bei so viel Philanthropie würden die Krankenkassen wohl Vertrauen gewinnen – aber es wird mit Sicherheit nicht geschehen. Schliesslich müssten sie Personal anstellen, welchem man es in der Praxis oder im Spital verunmöglicht hat, genau diese Art von Patientenbetreuung zu bieten. Auf einmal wären die Krankenkassen schuld, dass unsere Gesundheitsversorgung immer teurer wird. Ich verstehe schon, dass die Krankenkassen nicht nur als reine Zahlstellen dastehen, sondern auch als Gesundheitspartner ihrer Versicherten auftreten möchten. Von einer Partnerschaft erwartet man aber, dass beide etwas geben. Die Kunst wird also darin bestehen, nicht als Kindermädchen aufzutreten und keine zusätzlichen Kosten zu verursachen. Um die Glaubwürdigkeit eines solchen Vorhabens zu belegen und wenigstens bei rationalen Menschen Vertrauen zurückzugewinnen, gäbe es einen einfachen Schritt:

Eine Krankenkasse, die Gesundheitspartner werden will, sollte schleunigst sämtliche Formen von Alternativmedizin und Wellness aus ihrem Vergütungskatalog streichen, schliesslich will ich keinen Partner, der mich für dumm hält.

Beda M. Stadler

geboren 1950 in Visp (VS), ist emeritierter Professor und war Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern. Er ist bekannt für seine bissigen Aussagen zu medizinischen sowie gesundheits- und gesellschaftspolitischen Themen.

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