Die ambulante Wende der Schweiz

Zum Abheben bereit?
Ein verstärkt ambulantes Gesundheitswesen braucht nicht bloss finanzielle Reformen, sondern echten Antrieb. Welche zündenden Impulse jetzt nötig sind.

Mit der Einführung einer schweizweit verbindlichen Liste im Jahr 2019 und deren Erweiterung im Jahr 2023 konnte die Verlagerung von Leistungen in den ambulanten Bereich insgesamt angekurbelt werden (siehe Grafik). Ein Jahr nach deren Inkrafttreten waren beispielsweise die stationären Eingriffe bei den Gruppen Inguinalhernien und Hämorrhoiden um rund 50 Prozent (2019) und bei Analfisteln um mehr als 20 Prozent (2023) gesunken. Weiterhin gibt es aber regionale Unterschiede. In den Westschweizer Kantonen setzte die ambulante Wende deutlich früher ein. So erfolgten 2023 in der Romandie 65 Prozent der Eingriffe in der Fusschirurgie ambulant, während der schweizerische Durchschnitt bei 46 Prozent lag. Das Obsan untersucht die regionalen Unterschiede in einer Studie, die 2025 veröffentlicht werden soll.

Verlagerungspotenzial
Aus einem zukunftsorientierten Blickwinkel analysierte das Obsan zudem den umfangreicheren deutschen Katalog ambulant durchführbarer Eingriffe (AOPKatalog). Der Obsan-Bericht 04/2023 verweist auf ein interessantes Verlagerungspotenzial bei spezialisierten Eingriffen, bei denen eine Verschiebung zwar bereits im Gange ist, aber noch eine hohe Anzahl an Hospitalisierungen durch ambulante Behandlungen ersetzt werden kann (Bewegungsapparat, Bauch, Herz und Gefässe). Andere Spezialisierungen wie Haut, Lymph- oder Nervensystem stehen weniger im Fokus, weil diesbezüglich das Verlagerungspotenzial begrenzt ist.
Generell wird der Verlagerungsprozess hin zu ambulanten Leistungen durch viele Faktoren beeinflusst. Dazu zählen medizinische Fachkenntnisse (weniger invasive Operationstechniken und Weiterentwicklung der Anästhesieverfahren) und medizinische Infrastruktur, Organisation der Pflege oder auch finanzielle Anreize. Das Obsan beobachtet ebenfalls, wie sich die Einführung von TARDOC, der ambulanten Pauschalen sowie der einheitlichen Finanzierung der Gesundheitsleistungen (EFAS) auf die Verlagerung in den ambulanten Bereich auswirken wird.
Vor diesem Hintergrund ist zu erwähnen, dass es Bestrebungen gibt, die kantonalen Listen zu erweitern. 2025 nahm beispielsweise der Kanton Luzern drei Eingriffsgruppen neu auf.