Neue Anreize sind gefragt
Trotz zunehmender Antibiotikaresistenzen und dringender Notwendigkeit bestehen für die Pharmaindustrie wenig Anreize, finanzielle Mittel in die kaum rentable Antibiotikaforschung zu investieren. Stattdessen verlagert sich der Markt weiter in den Bereich lukrativer Nischen mit hohen Preisen, niedrigen Prävalenzen und fragwürdigem Nutzennachweis. Das führt dazu, dass die Forschung nicht dort intensiviert wird, wo sie den grösstmöglichen medizinischen Nutzen für eine breite Bevölkerung haben könnte. Nicht nur die mangelnde Investition im Bereich des «unmet medical need» (ungedeckter medizinischer Bedarf) stellt ein immer grösser werdendes Problem dar, sondern auch Versorgungsengpässe bei zahlreichen Arzneimitteln. Das Risiko der dadurch entstehenden Unterversorgung stellt für unser Sozialversicherungssystem eine grosse Herausforderung dar. Der regulierte Wettbewerb scheint nicht ausreichend zu funktionieren, um das Versorgungsbedürfnis der Menschen in der Schweiz mit wirksamen und kostengünstigen Arzneimitteln nachhaltig zu befriedigen.
Am Bedürfnis vorbei
Trotz starker Regulierung erbringt der Medikamentenmarkt nicht immer gesellschaftlich erwünschte Ergebnisse. Welche neuen Lösungen braucht es?
Die Versicherten benötigen zum richtigen Zeitpunkt Zugang zu den passenden Medikamenten und das zu wirtschaftlich vertretbaren Preisen. Sonst können schlimmstenfalls einfache Infektionen mit zunehmend resistenten Keimen plötzlich zu schwerwiegenden Problemen führen. Folgen davon wären nebst grossem Leid auch hohe Kosten.
«Wir können innovativ sein und Hürden abbauen, ohne unser Sozialsystem zu überlasten. Dies im Interesse der Patientinnen und Patienten.»
Céline Antonini
Wir fordern daher die Politik und die Industrie auf, Lösungen zu finden, um die Arzneimittelforschung und -produktion vermehrt in Richtung medizinischer und gesellschaftlicher Präferenzen zu lenken. In der Pflicht sind aber auch die Behandelnden. Ihnen obliegt es, die Therapien nach medizinischen und wirtschaftlichen Kriterien festzulegen. Es ist notwendig, staatliche Regulierungen zu korrigieren, die den Markt in die Irre leiten. Dazu braucht es ein neues Gleichgewicht, das die Versorgungssicherheit im Sinne einer Nutzenperspektive und die Gesundheitskosten gleichermassen berücksichtigt. Wir können diese Herausforderung zwar nicht allein in der Schweiz meistern. Wir können aber innovativ sein und Hürden abbauen, ohne unser Sozialsystem zu überlasten. Dies im Interesse der Patientinnen und Patienten.
