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Standpunkt zur Tarifpartnerschaft (TARMED)

Seit zwei Jahren herrscht Stillstand in den Tarifverhandlungen im ambulanten Bereich (TARMED). Woran liegt es, dass keine tragfähigen Lösungen gefunden werden können?

Gerd Marschall, Fachspezialist Tarifstrukturen / Gesundheitspolitik bei der CSS

23. Mai 2018

Eigentlich hätte ich es mir einfach machen und den Standpunkt unserer ersten «im dialog»-Ausgabe des Jahres 2015 aus der Schublade ziehen können. Dessen Inhalt unter dem Titel «Das drohende Ende der Tarifautonomie» wäre auch heute mit nur geringfügigen Anpassungen passend. Gerade so, als wäre die Zeit stillgestanden.

Chancen für die Tarifpartnerschaft

Déjà-vu?

Eine meiner damaligen Aussagen war, dass – sollte die Revision der Tarifstruktur TARMED erneut an der Uneinigkeit der Tarifpartner scheitern – der Bundesrat die aus seiner Sicht notwendigen Anpassungen an der Tarifstruktur vornehmen wird und damit der TARMED für lange Zeit zu einem Staatstarif und die Tarifautonomie zu einer leeren Hülle verkommen würde. Déjà-vu? Nein! Es handelt sich weder um ein psychologisches Phänomen, noch zeugt die zwischenzeitliche Entwicklung – oder besser gesagt der zwischen- zeitliche Stillstand – für meine besonderen, seherischen Fähigkeiten. Waren die Tarifpartner einfach untätig? Ebenso nein! Es wurde in den letzten beiden Jahren sogar sehr viel von allen Verhandlungsparteien in das gemeinsame Revisionsprojekt investiert.

Gründe für Stillstand

Woran liegt es dann, dass all die Bemühungen zu keinem gemeinsamen Ergebnis führten? Es liegt – und das muss offen ausgesprochen werden –  an der Unfähigkeit der Tarifpartner! Die Ursache dieser Unfähigkeit, einen für alle Seiten tragbaren Kompromiss zur erzielen, liegt in den grundsätzlich unterschiedlichen Erwartungen der Tarifpartner an das Revisionsergebnis, auch wenn das gemeinsame Ziel der sachgerechten Weiterentwicklung der Tarifstruktur tatsächlich existiert. Natürlich erwarten die Leistungserbringer mit einer sachgerechten Weiterentwicklung auch eine Verbesserung ihrer Erträge. Andererseits gehört es zur Kernaufgabe der Krankenversicherer, verantwortlich mit den Prämiengeldern umzugehen und die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Und täglich grüsst das Murmeltier

Nun darf nicht erwartet werden, dass es den Tarifpartnern in gleicher Weise gelingt, diesem Stillstand zu entkommen, wie dem egozentrischen und zynischen Protagonisten der Hollywood- Komödie «Und täglich grüsst das Murmeltier», der in einer Zeitschleife gefangen ist und dieser erst entkommen kann, nachdem er sich geläutert hat. Es ist vielmehr höchste Zeit, die Tarifstrukturentwicklung zu entpolitisieren und die Rahmenbedingungen zu schaffen, welche den notwendigen Druck erzeugen, dass sich die Tarifpartner auf die Sachgerechtigkeit konzentrieren und ein Scheitern der Verhandlungen keine Option mehr ist.

Gerd Marschall

Gerd Marschall ist Fachspezialist Tarifstrukturen / Gesundheitspolitik bei der CSS Versicherung.

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